Wollt ihr den totalen – Frieden?
Von Nils Brodersen
… Oder wollen wir den totalen Krieg? Und wollen wir ihn noch totaler und radikaler als wir ihn uns heute überhaupt vorstellen können?
Wenn ja, dann lasst uns die Welt einteilen in Gut und Böse.
Lasst uns in Gruppen und Grüppchen einteilen – nach ganz willkürlichen Kriterien.
Lasst uns unsere Gruppe für die einzig Richtige erklären und uns selbst für die Guten.
Lasst uns dem Papst seine Unfehlbarkeit absprechen und uns selber zu.
Und lasst uns jeden, der anderer Meinung ist abwerten, verachten oder sogar hassen.
Lasst uns recht haben und lasst uns wissen, wie alle anderen zu leben haben.
Lasst uns die Lebensweise, die wir für richtig erachten, allen anderen Lebewesen aufzwingen.
Lasst uns von allen Andersdenkenden bedroht fühlen.
Lasst uns bewaffnen und Armeen bilden, damit wir uns mit Waffen bekämpfen können, falls Worte und Gesetze und sonstige gewaltlose Druckmittel nicht mehr fruchten.
Lasst uns Fabriken gründen und lassen wir sie Waffen produzieren, kleine und große – kleine für Einzelpersonen und große, um damit ganze Städte in Schutt und Asche zu legen.
Lasst uns Geld, sehr viel Geld ausgeben für Soldaten und Rüstung, lasst uns Gelder aus dem Gesundheits- und Bildungswesen, aus der Infrastruktur, der Kultur abziehen und lasst sie uns in die Rüstung stecken.
Lasst uns Offiziere an die Schulen schicken, die den Kindern und Jugendlichen dann die jahrtausendealten Märchen vom gerechten Krieg, der Notwendigkeit zur Selbstverteidigung und dem Einsatz von Soldaten zur Befreiung von Unterdrückung und zur Durchsetzung von Freiheit und Menschenrechten, damit unsere Jugend ihnen Glauben schenkt und zum Militär geht.
Und lasst uns Werbung für unsere Armeen machen mit Slogans wie „mach, was wirklich zählt“.
Lasst uns Zwist zwischen die Völker säen, damit sie dann aufeinander losgehen und wir ihnen Waffen verkaufen können und sie verachten können, für ihre Barbarei.
lasst uns unsere Propaganda dabei immer so ausrichten, dass der Angegriffene als Aggressor dasteht, dann können wir von ihm einen Frieden fordern, den er uns nicht geben kann, denn er muss sich ja gegen uns verteidigen.
lasst uns auch Staaten mit hohem Arsenal an Atomwaffen in Kriege verwickeln – das birgt am meisten Potential für eine unkontrollierte Ausweitung von Kriegen.
… oder wollen wir Frieden? Und wollen wir ihn noch totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt vorstellen können?
Dann sollten wir die Welt nicht in Gut und Böse einteilen
Dann sollten wir uns nicht in Gruppen und Grüppchen aufteilen, sondern uns bewusst werden, dass wir alle eine Gemeinschaft bilden.
Dann sollten wir von unserer Wahrheit abweichende Meinungen nicht verachten und abwerten, sondern achten und respektieren und miteinander reden, statt zu streiten (so unmöglich das in manchen Fällen auch ist – es ist zumindest immer wieder einen Versuch wert!).
Dann sollte uns auch bewusst sein, dass wir ebenso wenig unfehlbar sind, wie der Papst und kein Recht auf recht haben und auch kein Recht anderen unsere Wahrheit aufzudrängen oder aufzuzwingen oder sonst irgendwie missionarisch tätig zu sein.
Dann sollte uns auch bewusst sein, dass jedes Lebewesen Teil derselben Schöpfung ist – sei sie nun durch eine göttliche Macht oder durch reine Naturgesetze entstanden sein und dass damit jedes Lebewesen genauso zu respektieren und zu achten ist, wie jeder Mensch sich selbst respektieren und achten sollte.
Dann sollten wir auch unsere Mitmenschen für ihre Ansichten und Handlungen nicht verurteilen, abwerten oder hassen – so verstörend und abstoßend diese auch sein mögen und so schwer es dann auch fällt, solche Mitmenschen trotzdem zu respektieren.
Dann sollten wir, wenn uns jemand etwas „Böses“ zufügt, nach dessen Grund fragen, statt Gewalt mit Gewalt zu beantworten – oft haben in unseren Augen „böse“ Taten einfache Ursachen, die sich beseitigen lassen – manchmal leichter manchmal schwerer.
Und wir sollten uns bewusst sein, dass es an uns liegt – an jedem einzelnen Menschen ob sich ein Frieden verwirklichen lassen wird oder nicht.
Dann sollten wir aufhören Gelder in Armeen und Rüstung zu stecken, für unsere Machtspiele und unseren Rohstoffhunger andere Länder zu überfallen oder sie gegenseitig auszuspielen und gegen-einander zu hetzen, damit sie sich dann gegenseitig zerfleischen können.
Dann sollten wir auch unsere Armeen abschaffen, denn für einen Frieden brauchen wir keine Soldaten und keine Waffen – diese sind ja für den Krieg da.
Und statt Offiziere in die Schulen zu schicken, sollten wir unserer Jugend die Wahrheit über den Kriegsalltag erzählen – die Wahrheit über die Verbrechen, die Soldaten im Kriegseinsatz an anderen Soldaten und an anderen Menschen verüben.
Und wir sollten nicht der Haltung hingeben: “ich will ja Frieden, aber die anderen…“ – denn wenn wir auf die anderen warten, können wir genauso gut auf den Weihnachtsmann warten, oder auf den Sankt-Nimmerleinstag.
Dann sollten wir Hass durch Respekt ersetzen, Angst durch Mut und Vertrauen, Verachtung durch Wertschätzung und Lüge durch Wahrheit und Ehrlichkeit.
Wir leben heute in einer Welt, in der unermesslich viel Geld in Militär und Waffen gesteckt wird, während unsere zivile Infrastruktur an den Rand des Zusammenbruchs gespart wird.
Ähnlich viel und vor allem Jahr für Jahr mehr Geld wie heute wurde im vergangenen Jahrhundert in Deutschland zweimal für Aufrüstung ausgegeben: nämlich einmal in den Jahren vor dem ersten und einmal in den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg.
Wir sind daher aufgefordert abzustimmen: Wollen wir Krieg – oder wollen wir Frieden?
Diese Abstimmung wird nicht offiziell stattfinden, es werden dazu keine Wahlen und Volksentscheide durchgeführt werden.
Die Entscheidung über Krieg und Frieden wird nicht von einer Geheimen Weltregierung getroffen oder in von Diktatoren, Think-Tanks oder Regimen im Ausland gefällt. Über Krieg und Frieden entscheidet auch keine Partei, kein Parlament, kein Minister und kein Kanzler.
Jeder Einzelne entscheidet sich für Krieg oder Frieden und ist verantwortlich für die Umsetzung seiner Wahl.
Werden wir in der Lage sein, uns bewusst zu entscheiden und die Entscheidung für uns selbst – wegen uns und nicht für oder wegen unseren Mitmenschen – umzusetzen? Oder werden wir uns unsere Entscheidung nach altbewährtem Muster aus der Hand nehmen lassen?
Was wird unsere Entscheidung sein?