Vom Krieg zum Frieden – wie der Westen den russischen Feldzug in der Ukraine beenden kann – Eine Phantasie von Nils Bordersen

Vom Krieg zum Frieden – wie der Westen den russischen Feldzug in der Ukraine beenden kann – Eine Phantasie                                                von Nils Bordersen

Seit einigen Monaten beherrschen die Berichte über den Krieg in der Ukraine die Schlagzeilen unserer Medien. Es sei an dieser Stelle noch einmal kurz wiederholt, dass jeder Krieg ein Verbrechen ist und auch dieser von unfassbaren Grausamkeiten begleitet ist. Dieser Feldzug ist dabei nicht nur in moralischer Hinsicht, sondern auch juristisch illegal. Und das Schlimmste daran, wie bei vielen anderen Kriegen auch: Er hätte nicht nur verhindert werden müssen, sondern auch verhindert werden können!

Es gehört zwar zu den Grundsätzen der modernen Kriegsführung den Verteidiger immer als Aggressor hinzustellen (in diesem Fall natürlich eine leichte Sache: der russische Einmarsch in die Ukraine ist unbestreitbare Tatsache und so eindeutig, dass man keinen Überfall auf einen Radiosender, einen U-Boot-Angriff auf einen Flugzeugträger o.ä. simulieren müsste).

Es muss uns aber klar sein, dass als Ursache für den Kampf in und um die Ukraine der Versuch gelten kann, die Ukraine an Russland vorbei aus dem russischen Einflussbereich herauszulösen und sie in die NATO und EU zu integrieren. Somit ist es aber nicht nur an Putin diesen Krieg zu beenden, sondern mehr noch an „uns“, der westlichen Staatengemeinschaft, bzw. den NATO-Staaten!

Um also diesen Feldzug, der nie hätte beginnen dürfen, schnellstmöglich zu beenden, ist ein ernst gemeintes Friedensangebot nötig, das die Staatengemeinschaft der NATO jetzt vorlegen muss und z.B. so aussehen könnte:

  1. Die russischen Invasionstruppen verlassen die Ukraine und ziehen sich hinter die ukrainisch- russische Grenze zurück
  2. Die NATO erkennt die Ukraine als Teil der russischen Einfluss Sphäre an und unterlässt in Zukunft jeden Versuch, die Ukraine in ein westliches Bündnis einzubeziehen
  3. Die NATO und die westliche Staatengemeinschaft respektiert und garantiert die Unverletzlichkeit der russischen Sicherheitsinteressen
  4. Die Ukraine wird ein souveräner Staat innerhalb des russischen Einflussbereichs und erhält eine Regierung, die die Interessen aller ihrer Bürger wahrt
  5. Russland erhält x Militärstützpunkte auf ukrainischem Boden zugesprochen
  6. Die materiellen und wirtschaftlichen Kriegsschäden werden von den Mitgliedstaaten der NATO übernommen

Mit diesen Punkten sollte ein Angebot gemacht werden können, auf das die russische Seite eingehen kann.

Anzumerken wäre zu Punkt 4, dass die Ukraine unterteilt ist in ein eher kleines Lager, dessen Anhänger den Beitritt zu EU und NATO wünschen und ein großes Lager, dessen Anhänger eher Russland zugewandt sind (auch wenn die Mehrheit auch dieser Partei froh ist, von Moskau unabhängig zu sein). Eine Regierung der Ukraine muss also versuchen, einen Ausgleich zwischen diesen Lagern zu finden und beide Seiten in Staat und Gesellschaft zu integrieren. (Dazu muss z.B. dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Russisch nach wie vor eine sehr weit verbreitete Sprache in der Ukraine ist.)

Zu Punkt 6 sei angemerkt, dass die Übernahme der Kriegskosten durch die Mitgliedstaaten der NATO nicht nur ein Minimum an Wiedergutmachung ihrer Schuld an diesem Krieg darstellen würde, sie könnte auch das Signal sein, dass die NATO ernsthaft an einem friedlichen Mit- oder doch wenigstens Nebeneinander mit Russland interessiert ist und keine weitere Eskalation mit der russischen Seite wünscht. Die Kriegskosten der Ukraine und Russland dürften durch eine Reduzierung des Budgets für die NATO-Streitkräfte um 10-20% über fünf bis zehn Jahre ohne weiteres zu finanzieren sein, so dass eine solche Kostenübernahme nicht zu mehr Belastung für die Bevölkerung der NATO-Mitglied-staaten führen würde.

Der Friedensvorschlag ist in der Überschrift eine Phantasie genannt worden. Das hängt damit zusammen, dass z.B. Deutschland als NATO-Mitgliedstaat v.a. durch die USA dazu aufgerufen ist, seinen „Verteidigungs“Haushalt von derzeit 50 Milliarden Euro auf 70 -80 Milliarden Euro zu erhöhen. Zum Vergleich: Für den Bereich Gesundheit sind jetzt 26 Milliarden Euro vorgesehen.

Deutschland hatte so hohe Ausgaben für das Militär im vergangenen Jahrhundert zweimal: einmal in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg und das andere Mal in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg.

Vor diesem Hintergrund der exorbitanten Militärausgaben in der NATO darf bezweifelt werden, dass unsere politischen Führungen überhaupt an einem Frieden ernsthaft interessiert sind.

Wenn wir aber wirklich Frieden wollen, dann sollten wir unsere Militärausgaben drastisch reduzieren und die eingesparten Kosten auf andere Bereiche, wie z.B. Erhalt und Ausbau unserer Infrastruktur, den interkulturellen Austausch unserer Menschen und der (wirklichen) Bekämpfung der Flucht-ursachen weltweit umverteilen. V.a. aber müssen wir der russischen Seite ein Friedensangebot wie es oben dargestellt ist machen.

Anderenfalls dürfen wir Putin (insgeheim) dankbar für seinen Feldzug sein! Denn er liefert uns damit den Vorwand, den wir brauchen, um unsere Rüstungsausgaben zu rechtfertigen.

Nur sollte uns dabei klar sein: wenn wir unser Geld statt in den Frieden in den Krieg stecken, beenden wir das Verbrechen Ukrainekrieg nicht, wir verschlimmern und verlängern es. Und wir sollten wissen, dass wir mit unserer einseitigen Stärkung des Militärs auch in Kauf nehmen auch unser Land eines Tages als Schlachtfeld zur Verfügung stellen zu müssen…